Deutscher Stummfilmpreis: bisherige Preisträger:innen

Internationale Stummfilmtage – Bonner SommerkinoPreisträger in 2024

Julian Kott

Die Internationalen Stummfilmtage – Bonner Sommerkino, die vom Förderverein Filmkultur Bonn e.V. veranstaltet werden, sind im Juli 204 mit dem Deutschen Stummfilmpreis für besondere Verdienste um die Stummfilmkultur ausgezeichnet worden. Das jährlich stattfindende Event, das 2024 zum 30. Mal als reines Stummfilmfestival durchgeführt wurde, ist Europas besucherstärkstes Stummfilmfestival. Das Festival ist ein bedeutendes Kulturevent in Bonn mit einer Strahlkraft weit über die Stadtgrenzen hinaus: Es zieht mit seinem kenntnisreich kuratierten Programm auch ein internationales Publikum in die Bundesstadt. Die Internationalen Stummfilmtage zählen im Schnitt 20.000 Zuschauer:innen an insgesamt elf Sommertagen. Im Mittelpunkt der Open-Air-Veranstaltung stehen neben großen Filmklassikern auch unbekannte Schätze aus Filmarchiven weltweit. Dabei haben viele Werke nach ihrer Restaurierung durch renommierte Filmarchive ihre Premiere in Bonn. Seit 2020 wird eine Großzahl der gezeigten Filme zeitversetzt im Online-Stream weltweit verfügbar gemacht. Durch dieses digitale Zusatzangebot schafft die Veranstaltung über Ortsgrenzen hinaus einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Förderung des Filmerbes. mehr 

Leinwand-Lyriker Ralph TurnheimPreisträger in 2023

Der Leinwand-Lyriker Ralph Turnheim erhält den Deutschen Stummfilmpreis 2023 für besondere Verdienste um die Stummfilmkultur. Der Filmerzähler ist in seiner Art einzigartig im deutschen Sprachraum und vertont live vor Publikum stumme Filme. Leinwand-Lyrik ist ein außergewöhnliches Crossover von Kleinkunst und stummen Film. Die Programme tragen Titel wie “Die Zunge des Zorro” und “Sherlock Holmes und die Stimme des Stummfilms”. Mit Wiener Charme reimt der ausgebildete Schauspieler und Wahl-Wiesbadener zu den Bildern auf der Leinwand seine witzigen, durchaus auch mal schwarzhumorigen Texte. Seine gekonnten Wortspiele nehmen die Handlung auf und entlarven immer wieder Handlungsklischees. Dabei spielt Ralph Turnheim alle Rollen, egal ob es der lianenschwingende Dschungelheld Tarzan, das gruselige Monster von Frankenstein oder der heldenhafte Schwarze Pirat ist. Und Ralph Turnheim macht auch hier und da die Geräusche zum Gezeigten, so imitiert er mal Hufgetrappel, mal quietschende Bremsen. Bei ausgewählten Veranstaltungen erhält Ralph Turnheim auch musikalische Unterstützung. Dann werden seine Worte live untermalt von renommierten Musiker*innen, dem österreichischen Stummfilmmusiker Gerhard Gruber oder der Violinistin Jenny Lippl. Neben dem Liveprogramm veröffentlicht Leinwand-Lyrik auch Teile seines Repertoires für das Heimkino. mehr

 

Wanderkino mit Tobias RankPreisträger in 2023

Das Wanderkino unter Leitung von Tobias Rank erhält den Deutschen Stummfilmpreis 2023 für besondere Verdienste um die Stummfilmkultur. Das mobile Kino präsentiert Stummfilme unterschiedlicher Genres: von der Komödie über den Monumentalfilm bis zum Experimentalstreifen. Alle Filme werden live musikalisch in unterschiedlicher Instrumentalbesetzung begleitet. Die professionellen Musiker*innen interpretieren die Filme dabei immer wieder neu und so wird jede Veranstaltung zu einem besonderen Seh- und Hörerlebnis. Ein rotes Oldtimer-Feuerwehrfahrzeug der Marke Magirus-Deutz, hergestellt im Jahr 1969, beherbergt die gesamte Kino-, Ton- und Lichttechnik, transportiert Bestuhlung und Instrumentarium. So kann jeder Ort in kürzester Zeit in ein Open-air-Kino verwandelt werden, egal ob auf Marktplätzen oder in Schlossgärten, an Stränden oder auf Waldlichtungen. Die Filmaufführungen schaffen eine nostalgische Atmosphäre, die an die Pionierzeiten des Kinos erinnert. Der gemeinsame Filmgenuss verbindet dabei generationenübergreifend. Die Filmprojektion erfolgt mit historischer 16mm-Filmtechnik. Das Wanderkino aus Leipzig ist seit 1999 in Deutschland und international unterwegs und zudem Veranstalter der alljährlichen „Stummfilmtage auf der Warze“ im Leipziger Clara-Zetkin-Park und der „Stummfilmtage am Hafen Althagen“ in Ahrenshoop. mehr

Regensburger StummfilmwochePreisträger in 2022

Die Regensburger Stummfilmwoche wurde mit dem Deutschen Stummfilmpreis 2022 für besondere Verdienste um die Stummfilmkultur ausgezeichnet. Das jährlich stattfindende Event, das in 2022 zum 40. Mal den Hochsommer in Regensburg bereicherte, ist Deutschlands ältestes Stummfilmfestival. Großartige Kinowerke der frühen Filmgeschichte, in einem Spektrum von absoluten Klassikern bis hin zu unbekannten Perlen, in einer Mischung mit ausgewählten Livemusikbegleitungen unterschiedlicher Musikstile, gerahmt vom stilvollen Open-Air-Ambiente des Thon-Dittmer-Palais, machen die Regensburger Stummfilmwoche zu einem besonderen Erlebnis nicht nur für Freund*innen des frühen Kinos. 

Die Regensburger Stummfilmwoche steht für ein leidenschaftliches und ausdauerndes Engagement für das Filmerbe: Hier wird Stummfilmkultur in seiner ganzen Faszination lebendig, und so weckt das Festival Aufmerksamkeit für ein Kinoerlebnis jenseits des Mainstreams und über den Kreis von filmhistorisch Interessierten hinaus. mehr

Joachim BärenzPreisträger in 2021

Der Stummfilmmusiker Joachim Bärenz wurde mit dem Deutschen Stummfilmpreis 2021 für seine besonderen Verdienste um die Stummfilmkultur ausgezeichnet. Er ist ein Pionier der Stummfilm-Renaissance, die um das Jahr 1970 einsetze und die öffentliche Wiederbelebung und Wertschätzung des frühen Filmerbes und dessen Aufführungspraxis einleitete und verstetigte. Bereits 1969, während seines Studiums an der Musikhochschule Frankfurt am Main, begann er Stummfilme zu begleiten. Schnell etablierte er sich als begnadeter Improvisator und brillanter Interpret von original Stummfilm-Musikpartituren, nicht nur in Deutschland, sondern international. Seine Liebe zur zeitgenössischen Musik war auch bei seinen Stummfilmbegleitungen immer wieder zu spüren: Er war Pianist der Tanzabteilung der Folkwang Universität der Künste im Ruhrgebiet und arbeitete dort unter Pina Bausch. Bei Europas größten Stummfilmtagen in Bonn gehörte er über Jahrzehnte zu den Stammmusiker*innen, in Filmmuseen, Kinos, Konzertsälen und bei Stummfilmevents begleitete er sowohl die großen Stummfilmklassiker als auch verschollen geglaubte Filmraritäten. Bei der Berlinale vertonte er Stummfilme der Retrospektiven mit Filmklassikern. mehr

Günter A. BuchwaldPreisträger in 2021

Der Stummfilmmusiker Günter A. Buchwald erhielt den Deutschen Stummfilmpreis 2021 für seine besondere Verdienste um die Stummfilmkultur. Der Dirigent, Pianist, Violinist und Komponist aus Freiburg im Breisgau ist seit 1978 Stummfilmmusiker und zählt zu den Mitbegründern der Stummfilm-Renaissance. Er hat bislang in über 3300 Filmkonzerten mehr als 3500 verschiedene Stummfilme begleitet. Günter A Buchwald ist zugleich Meister der Improvisation als auch des durchkomponierten Stummfilm-Soundtracks. 

Seit Jahrzehnten begleitet er Stummfilme als Solist oder gemeinsam mit anderen Musiker*innen zu unterschiedlichen Anlässen, von Soireen in Filmerbe-Einrichtungen und Stummfilmevents in Kinos bis zu festlichen Galavorstellungen auf den renommiertesten und publikumsstärksten Stummfilmfestivals weltweit, etwa in Bonn, Pordenone, Lyon oder San Francisco. mehr

Burkhard GötzePreisträger in 2021

Der Dirigent und Arrangeur Burkhard Götze erhielt den Deutschen Stummfilmpreis 2021 für die Rekonstruktion der originalen Filmmusik von „Sumurun“ (D 1920). Die „Sumurun“-Komposition von Victor Hollaender (1866-1940), eine Auftragsarbeit der Ufa, galt lange als verschollen. Hollaender war, wie etwa Paul Lincke und Walter Kollo, ein wichtiger Vertreter der Berliner Operette. Burkhard Götze entdeckte 2020 einen Klavierauszug der Originalmusik und schuf anhand diesem eine Neuorchestrierung. Burkhard Götze hat den melodischen Erfindungsreichtum von Victor Hollaenders Originalmusik in ein opulentes Orchesterwerk umgesetzt. Die musikalische Möglichkeiten eines großen Klangkörpers schöpft die neue Partitur genüsslich aus, ohne plakativ zu wirken. Eingerichtet wurde die Musikrekonstruktion zu einer Restaurierung von „Sumurun“, die von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung (Wiesbaden) erstellt wurde und die derzeit beste Fassung darstellt. Die Uraufführung der Musikrekonstruktion fand am 13. November 2021 im Nikolaisaal Potsdam statt. Es spielte das Deutsche Filmorchester Babelsberg unter der Leitung von Burkhard Götze. „Sumurun“ ist Dank der so gekonnten wie aufwändigen Arbeit von Burkhard Götze nun wieder ein integrales Gesamtkunstwerk. mehr

absolut MEDIEN GmbHPreisträger in 2021

Der Filmverlag absolut MEDIEN GmbH erhielt den Deutschen Stummfilmpreis 2021 für besondere Verdienste um die Stummfilmkultur. Das Unternehmen feierte in 2021 sein 25-jähriges Bestehen. Es wurde 1996 von Filmkunst-Kinoverleihern aus Berlin und München gegründet und empfiehlt sich als Label für gehobene und außergewöhnliche Filmproduktionen und -editionen auf DVD und Blu-ray. Ganz bewusst setzt der Filmverlag auf eine nachhaltige Repertoirearbeit, Titel sollen auch Jahre nach der Erstveröffentlichung lieferbar sein. Schon seit Anbeginn der Verlagstätigkeit hat der Stummfilm eine festen Platz im Programm der absolut MEDIEN GmbH und ermöglichte so bereits in Zeiten, in denen das Internet noch in den Kinderschuhen steckte und im Fernsehen und Kino der Stummfilm schon ein Dasein als Nischenprogramm fristete, das frühe Filmerbe zu entdecken, zu genießen und zu würdigen. Dabei wird bei den Stummfilm-Veröffentlichungen des Filmverlags, die unter anderem in Zusammenarbeit mit ARTE Fernsehen und Filmerbe-Einrichtungen entstehen, auf hochwertige Rekonstruktionen und ausgezeichnete Musikbegleitungen ein besonderes Augenmerk gelegt. Um den veränderten Nutzungsgewohnheiten entgegenzukommen, werden seit einiger Zeit Stummfilme auch als Streaming- oder Downloadangebot unter dem Namen „absolut on demand“ zur Verfügung gestellt, ergänzt um kundige Online-Infodossiers. mehr

Richard SiedhoffPreisträger in 2020

Richard Siedhoff wurde mit dem Deutschen Stummfilmpreis 2020 für die Rekonstruktion der originalen Filmmusik von „Der Golem, wie er in die Welt kam“ (D 1920) ausgezeichnet. Dem Stummfilmmusiker ist es zu verdanken, dass einer der bedeutendsten Stummfilmklassiker der Weimarer Republik hundert Jahre nach der Uraufführung wieder als Augen und Ohren betörendes Gesamtkunstwerk aufgeführt werden und sein Publikum begeistern kann. Die Originalmusik von Dr. Hans Landsberger zum Film galt lange als verschollen. Richard Siedhoff entdeckte 2018 einen Klavierauszug der Komposition und rekonstruierte aufwändig die Orchesterfassung. Wie sich im Rahmen der Rekonstruktionsarbeiten zeigte, schrieb Dr. Hans Landsberger eine punkgenaue, so opulent wie innovative Orchestermusik. Die Uraufführung der „wiederauferstandenen“ Musik fand im September 2020 im Deutschen Nationaltheater Weimar statt. Es spielte die Staatskapelle Weimar unter dem Dirigat von Burkhard Götze zu einer neuen Filmrestaurierung des Filmmuseums München. mehr

Nina GoslarPreisträgerin in 2020

Nina Goslar erhielt den Deutschen Stummfilmpreis 2020 für ihre besonderen Verdienste um die Stummfilmkultur. Sie ist seit vielen Jahren bei der ARTE-Filmredaktion des ZDF für historische Filmreihen und Filmkonzerte verantwortlich. Sie prägt mit ihrer Leidenschaft für den frühen Film und dessen Aufführungskontext die Stummfilmkultur – nicht nur in Deutschland, sondern auch international. In einer von Quoten und schnellen Reizen dominierten Fernsehlandschaft schafft sie Inseln für den Stummfilm und deren Liebhaber*innen. Der Sendeplatz bei ARTE ist ein Kristallisationspunkt für Stummfilmfreund*innen im deutschen und französischen Fernsehen. 

Nina Goslar ist an der Realisierung großer internationaler Restaurierungsprojekte beteiligt. Dabei legt sie besonderes Augenmerk auf eine dem Bild gleichberechtigte musikalische Fassung. Viele der von ihr betreuten Stummfilmproduktionen erlebten an prominenten Orten überregional beachtete Premieren. Mit der von ihr initiierten Reihe „Kino Varieté“, die unter anderem an der Komischen Oper Berlin zu erleben war, hat Nina Goslar dem Stummfilm-Liveevent neue Impulse gegeben. Die abwechslungsreichen Aufführungen mit Livemusik, Songs und Artistik beschwören das Flair früher Kinoaufführungen und begeistern auch ein Publikum, das sich zuvor noch nie mit Stummfilmen beschäftigt hat. Mit Nina Goslar hat der Stummfilm eine engagierte Fürsprecherin, die sich mit Fachkompetenz und musikalischem Anspruch für ein lebendiges Filmerbe einsetzt. mehr