Vom 06. Dezember 2024 bis 08. Januar 2025 zeigt das Filmarchiv Austria in Wien die Retrospektive "Ernst Lubitsch – Master of Comedy"
Ob als Innovator im deutschen Stummfilmkino oder “Erfinder des modernen Hollywood” (Jean Renoir) – Ernst Lubitsch (1892–1947) hat mit seinen Werken mehr als Filmgeschichte geschrieben. Er wurde mit ihnen selbst zur Marke. So wie man Suspense mit Hitchcock verbindet, zeichnet seine Filme der sie veredelnde Lubitsch-Touch aus: ein einzigartiges, nicht in seiner Gänze zu erfassendes Qualitätsmerkmal, das seine Kunst der Andeutung, Auslassung und Zuspitzung ebenso beschreibt wie seine Erzählweise, die gleichzeitig artifiziell und spielerisch zu sein vermag. Die Retrospektive des Filmarchiv Austria veranschaulicht anhand von 18 Filmen die Entwicklung von Lubitsch und seiner ewig jung bleibenden Filmkunst.
Zu Beginn seines Films "Die Pupp"e" aus dem Jahr 1919 sieht man den elegant gekleideten Lubitsch, wie er die Szenerie seines Films Stück für Stück als Pappminiatur zusammenbaut. In diesem Moment gibt sich der Spielleiter als solcher seinem Publikum zu erkennen. Ein Kniff, der auf einen grundsätzlichen Aspekt in Lubitschs Schaffen verweist: Seine Filme unterliegen in den allermeisten Fällen keinem klassischen Realitätsanspruch. Ob das Frankreich zur Zeit der Revolution, das kaiserliche Wien, das Paris der Gegenwart oder der “Shop around the Corner” – sie sind Ausdruck einer Sehnsucht nach Welten und Zeiten, in der die Menschen besser miteinander auskommen (lernen) als in jenen, in denen die Filme entstehen.
Lubitsch wird 1892 als Sohn aschkenasischer Juden in Berlin geboren. Sein Vater, Inhaber eines Geschäfts für Damenmäntel, hätte gerne, dass der Sohn in seine Fußstapfen tritt – doch den zieht es zum Theater. Ab 1911 steht er bei Max Reinhardt auf der Bühne, zwei Jahre später wechselt er bereits zum Film und macht sich, erst als Darsteller mit Hang zur Selbstironie, in weiterer Folge auch als Autor und Regisseur, einen Namen. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wirkt er in 37 Filmen mit, viele davon heute verschollen. In einer Zeit, in der fast keine ausländischen Produktionen auf deutschen Kinoleinwänden erlaubt sind, spielt er sich in die Herzen des Publikums.
Mit Beginn der Weimarer Republik ist die Welt eine andere: Soldaten und preußische Tugenden sind out, stattdessen weht für ein paar Jahre ein Hauch von Anarchie über Berlin. Den Kintopp-Slapstick der frühen Jahre lässt Lubitsch zugunsten zunehmend größer dimensionierter Historienfilme und Komödien hinter sich, verliert dabei aber nie die menschliche Komponente der oft übergroßen Figuren aus den Augen. Mit gerade einmal 30 Jahren geht er – auf Geheiß Mary Pickfords – in die USA, wo er seine Karriere bruchlos fortsetzt. Dem Hays Code, der ab den 1930er-Jahren für eine moralisch saubere Leinwand sorgen soll, stellt er die Kunst der Andeutung entgegen: Eine verschlossene Tür vermag die Fantasie des Publikums erst recht anzuregen. 1934 wird er in einem Song der Yacht Club Boys als “King of all Directors” bezeichnet, vor seiner Kamera finden sich die großen Stars Hollywoods ein, kurzzeitig ist er gar Produktionschef bei Paramount. 1947, wenige Monate vor seinem Tod, wird er endlich mit dem Ehrenoscar für sein Lebenswerk bedacht. Ein Werk, das bis heute ungebrochen zu verzaubern vermag. mehr
Quelle: Filmarchiv Austria/Florian Widegger
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