Burkhard Götze über 100 Jahre "Der letzte Mann"

Anlässlich der Uraufführung von hundert Jahren war Friedrich Wilhelm Murnaus “Der letzte Mann” (D 1924) am 03. Januar 2025 im Berliner “Theater im Delphi” auf der großen Leinwand zu sehen. 

Live begleitet wurde der Film vom Metropolis Orchester Berlin unter der Leitung von Burkhard Götze. Stummfilm Magazin sprach mit dem Dirigenten über den Film und die Aufführung.

"Der letzte Mann" hatte am 23. Dezember 1924 im Berliner Ufa-Palast am Zoo Weltpremiere und zählt zu den berühmtesten Filmen des Weimarer Kinos? Was ist das Besondere an Murnaus Klassiker?

Beim “Letzten Mann” wird ja immer davon gesprochen, dass mit ihm die sogenannte entfesselte Kamera erfunden wurde. Ich finde aber wichtiger, dass hier eine komplexe Geschichte rein über die Bildsprache erzählt wird. Das hat beispielsweise Alfred Hitchcock nachhaltig geprägt, nachdem er 1924 bei den Dreharbeiten in Babelsberg zugegen war. Man könnte sagen, diese Erfahrung hat Hitchcocks Schaffen mitgeprägt bis zu seinem letzten Film “Das Familiengrab” (USA 1976).

Das Metropolis Orchester Berlin spielte am 03. Januar 2025 im “Theater im Delphi” eine Komposition von Richard Siedhoff. Wie hat der Komponist den Film musikalisch interpretiert?

Die Komposition entstand 2018 als eine Auftragsarbeit des Metropolis Orchester Berlin. Richard Siedhoff hat den Film akribisch musikalisch durchgearbeitet. Er benutzt hier die ihm eigene Leitmotivtechnik auf unnachahmlich meisterhafte Weise. Die berühmten Kamerafahrten werden beispielsweise musikalisch nachvollzogen, alle Figuren des Films besitzen die ihnen eigenartigen Themen und die Musik ist hochdramatisch, spannend, mitreißend und unterstreicht die großartige Bildsprache Murnaus auf faszinierende Weise. Die Musik ist im Stil der 1920er Jahre gehalten und benutzt eine Tonsprache, die mich oft an den frühen Hindemith oder Weil erinnert. Im letzten Teil kommen dann natürlich auch Foxtrott-, Tango- und Walzerelemente dazu, gerade auch um die Hotelatmosphäre musikalisch einzufangen. Es ist in jeder Note aber typischer und unverkennbarer Siedhoff.

Bei der Aufführung gab es auch einen prominenten Schirmherrn ... 

Ähnlich wie Hitchcock wurden auch andere Filmemacher durch diesen Film mitgeprägt. Zu ihnen gehört auch Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff ("Die Blechtrommel", D 1979), den wir bei der Aufführung am 03. Januar 2025 als Schirmherrn und Ehrengast begrüßen duften. Er hat im Gespräch mit Knut Elstermann vor dem Filmkonzert sehr viel über den “Letzten Mann” und seine Beziehung zu diesem Film erzählt.

Der Veranstaltungsort, das "Theater im Delphi", scheint ja wie geschaffen für so ein Event …

Mit seinen berühmten Stuckbögen und seinem nostagischen Charme ist dieses ehemalige Stummfilmkino aus dem Jahr 1929 natürlich ideal für unser Jubiläums-Filmkonzert gewesen. Und da es heute durch seine vorzügliche Akustik besonders als Kammermusik-Konzertsaal genutzt wird, kann ich mir in Berlin keinen besseren Ort für Stummfilmkonzerte mit Kinoorchester vorstellen.

Wir danken Ihnen für die interessanten Einblicke und wünschen weiterhin viel Erfolg!
Das Interview führte Frank Hoyer.

Linktipps:
Internetseite Theater im Delphi
Internetseite Metropolis Orchester Berlin
Internetseite Burkhard Götze
Deutscher Stummfilmpreis für Burkhard Götze
"Der letzte Mann“ (Wikipedia)
"Der letzte Mann“ (Stummfilm Magazin)

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